Liebe... was ist das eigentlich? Passt das Thema Liebe in einen historischen Roman, der bei den (‚blutrünstigen’) Maya spielt?

 Für mich war es klar, dass mein Roman auch von Liebe handeln muss, und zwar von der Sorte Liebe, die sich entwickeln kann. Es sollte nicht um Herzschmerz gehen, nicht um die herkömmliche kommerzielle Art, zu lieben, die uns in Filmen und Liedtexten als die gängige Weise verkauft wird, sondern um die Entwicklung und Reife von dieser Auffassung zu einer wundervollen, selbstlosen Liebe, die über Leben hinaus geht. Ein Verständnis, dass kaum in uns Menschen eingedrungen ist, aber nach dem sich so viele sehnen.

Zwar war es nie mein Ziel, einen Liebesroman oder einen Entwicklungsroman zu schreiben, doch sollte mein Roman neben historischem Fachwissen über die Maya auch spirituelle Weisheiten in sich tragen. Weisheiten, die nicht belehrend oder dogmatisch wirken, sondern Weisheiten, die der Leser entdecken und für sich mitnehmen kann... sollte er in seiner Entwicklung für sie bereit sein.

Ein Roman, der nicht nur Unterhaltung sein möchte, muss sich meines Erachtens immer mit den großen Fragen unseres Daseins auseinandersetzen. Und sind nicht fast alle unsere Handlungen letztendlich auf Liebe oder Angst reduzierbar? Zwar denke ich, dass Angst noch den weitaus größeren Teil der Menschheit antreibt, doch Liebe ist bestimmt die bessere Motivation für unser Handeln. Was nun aber ist diese ‚Liebe’, die doch, genau wie der Sinn des Lebens auch, nur auf ganz persönliche Art und Weise gefunden, entwickelt und gelebt werden kann?

Sinn braucht Freiheit, um sich entfalten zu können – so schrieb ich in meinem letzten Blog.

Auch Liebe braucht Freiheit zur Entwicklung und wird doch viel zu oft mit Besitz oder Einverleibung gleichgesetzt.

Die Literatur und das Internet stecken voll von dem Thema ‚Liebe’, ist sie doch einer der Grundsteine unserer christlichen, westlichen Welt. Verlage haben dem Thema sein eigenes Genre gewidmet und man unterteilt diese Bücher nochmals in verschiedene Kategorien, je nachdem, wie die Rezensionen ausfallen. Dabei schaut ein Verlag leider eher auf die Qualität des Buch-Inhaltes, als auf die ‚Qualität’ der Liebe.

Nicht nur die Literatur ist gefüllt mit dem Thema, auch andere Branchen machen mit ‚Liebe’ Geld. Kann Liebe aber käuflich sein oder ist sie nur wahr, wenn sie von freiem Herzen gegeben wird? Muss mit Liebe Herzschmerz verbunden sein oder (unerfüllbare) Sehnsucht? Auch die Filmindustrie hat Liebe vor Langem entdeckt. Kaum eine Hollywood-Crew schafft es jedoch meiner Meinung nach, einen Film oder Blockbuster über wahrer Liebe zu drehen, in der Liebe nur verschenkt wird, ohne Gegenleistungen oder Konditionen. Viel zu selten wird Liebe als freies Gut dargestellt - auch nicht in den zahlreichen Love-Songs, die die Charts erobern. Das Gefühl, ein Stückchen Liebe einfach kaufen oder als Gegenleistung einfordern zu können, ist doch immer wieder verlockend. Und ich spreche hier nicht nur von Prostitution, sondern ganz einfach auch davon, Liebe in Form von Musik oder bei Amazon als Buch zu erstehen.

Unsere Nachrichten sind voll von allem, was nichts mit Liebe zu tun hat. Die Medien schaffen uns ein Weltbild, das die Erde entweder lieblos erscheinen lässt. Wer ist schon so frei, seinem Partner wirklich die Entwicklung der eigenen Geschichte zu gönnen und zu ermöglichen?

Ich zumindest habe erst als Erwachsene gelernt, dass Liebe nur verschenkt, nicht aber eingefordert werden kann. Und ist es eigentlich möglich, zu behaupten, dass man jemanden liebt, wenn man sich selbst nicht mit allen Charakterzügen akzeptieren und lieben kann – oder gar selektiv mit Nächstenliebe umgeht? All dies sind Fragen, mit denen man sich irgendwann einmal auseinandersetzen muss, nimmt man es mit der Liebe ernst.

Lieber Leser, du siehst, dass mich das Thema zum Philosophieren anregt und Liebe für mich, so wie der Sinn des Lebens, nichts Statisches ist. Ich nähere mich dem Ideal der Liebe täglich aufs Neue an. Und je selbstloser ich Liebe verschenke, desto öfter durfte ich über die Jahre erleben, dass im Gegenzug ganz automatisch mehr und mehr Liebe zu mir zurückfließt – ohne diese einzufordern. Liebe habe ich einmal so verstanden, dass ich mich um sie bemühen muss. Und weil das so anstrengend war, erwartete ich natürlich, dass man mich in meiner Anstrengung mit Gegenleistungen entlohnen würde. Das war oft sehr enttäuschend und wenig funktional.

Irgendwann habe ich mich von dem gelöst, was man mir als Kind beigebracht hatte und was uns die Gesellschaft vorlebt. Ich begann, Liebe zu verschenken und mich dabei selbst wichtig zu nehmen. Ich habe gelernt, mich dabei auch klar zu schützen: Ohne Angst, jedoch mit Selbstachtung, indem ich meinen Mitmenschen gegebenenfalls sagte, wie sie mich verletzt haben (meist geschieht das aus Unbewusstsein anstatt Böswilligkeit). Ich habe es einfach nur gesagt und ihnen die Verantwortung übergeben, behutsam mit mir umzugehen. Ich habe das weder gefordert noch habe ich gedroht, dass ich andernfalls meine Liebe entziehen oder andere Maßnahmen ergreifen würde – und siehe da, ich stand plötzlich im Mittelpunkt meines eigenen Lebens. Das Leben begann, sich um mich zu drehen – anstatt ich mich um das Leben anderer. Und, welch Überraschung, niemand hat es mir übel genommen. Der immer so verschriene Egoismus hat mir gut getan und mich gestärkt. Und vor allem konnte ich durch diesen Egoismus viel mehr verschenken, als ich es je für möglich gehalten hätte. Das Leben füllte sich mit Freude und Sinn, und ich entdeckte die Leichtigkeit des Seins, denn mir wurde geschenkt, was ich verschenkte: die Freiheit, das sein zu dürfen, was man sich wünscht.

Mit meinem Roman möchte ich meine Leser zur Probeteilnahme an diesem Experiment einladen (ups, wer hätte gedacht, dass die Suche nach einem historischen Roman bei der Auseinandersetzung mit der eigenen Liebesauffassung enden würde?): Die Protagonistin Chiara gerät erst in die Falle, Freiheit mit Egoismus zu verwechseln. Sie hat Angst davor, bei zu viel eigener Freiheit oder egoistischem Handeln (nämlich Handeln, das ihr gut tut) die Verbindung mit anderen zu verlieren... so, wie sie vor sämtlicher Art von Distanz und Verlust (auch in Form von Tod) Angst hat. Doch findet Chiara im Laufe der Geschehnisse ihren eigenen, ganz individuellen Weg, sich selbst ernst zu nehmen und zu entwickeln.

Als Schriftstellerin habe ich meinen eigenen bereits beschrittenen Lebensweg mit Fantasie gemischt und literarisch in den vielen Zeilen des Buches festgehalten. Der Roman über Chiara und ihre Reisen zu den Maya ist zum größten Teil autobiografisch. Dies dient der Authentizität der Charaktere (einige wurden zwar bereits als unrealistisch kritisiert, doch entspringen sie alle dem wahren Leben, mit lediglich leichten Elementen der Fiktion). Ich konnte nur derart offen schreiben, da ich mich hinter der Geschichte verstecken kann – für mich als Autorin ein Mittel, die Liebe zu mir selbst zu leben.

Nach langem Studium der Maya habe ich eine Welt entdeckt, die in mir lebt, mich mit Sinn gefüllt hat und das Buch vielleicht auch in die Kategorie des Bildungsromans einreihen lässt, sind doch viele wissenschaftliche Erkenntnisse und historische Ereignisse in die Geschichte des Maya-Romans eingeflossen. Und obwohl es meine eigene Geschichte ist, kann das Buch nicht wirklich als feminin bezeichnet werden, denn es geht zwar um Liebe (ein Thema, vor dem viele Männer gerne zurückschrecken und lieber den Geschlechterdiskurs meiden, als sich entwickelnd mit ihm auseinander zu setzen), aber auch um die Ängste, die mit ihr zusammenhängen. Liebe - ein Thema, das beide Geschlechter angeht und mit dem man sich auch 2012 Jahre nach Christi in der modernen deutschen Gesellschaft immer wieder auseinandersetzen sollte.

Forme deine eigene Liebeskultur und lass sie zum zentralen Thema deines Seins werden, denn was willst du sonst noch besitzen, kaufen, erlangen? Hast du nicht schon alles – außer wahrer, wahrlich freier Liebe? Entwickle dich, Mensch, und werde ehrlich mit dir selbst. Lass dein bürgerliches Denken zurück, denn es ist nicht das deine, sondern das deiner Vorfahren, das du unkritisch unter dem Deckmantel ‚Tradition’ übernommen hast.

Tradition. Ein positiv belegtes Wort. Doch wie steht uns Tradition im Wege, wenn es um unsere persönliche Entwicklung geht? Dazu mehr im nächsten Blog.